Exlibris des Monats September 2023: Louis Titz (Belgien) für seine Frau Constance – Thema: Krieg

Das Exlibris des Monats September anlässlich des Antikriegstags am 1. September ist eine Radierung von Louis Titz, einem sehr renommierten belgischen Künstler, der neben ca. 90 Exlibris viele Grafiken und Gemälde geschaffen hat. Geboren ist der Sohn des Landschaftsmalers Henri Titz im Jahr 1859 in Brügge, gestorben 1932 in Brüssel, wo er an der Akademie der Schönen Künste (Académie royale des Beaux-Arts) Malerei studiert hatte. Brüssels Straßen und Plätze, imposante Kirchen und Gebäude faszinierten ihn ebenso wie die kleinen Gassen und Eckchen der Stadt und motivierten ihn zu immer neuen Stadtgrafiken und Stadtaquarellen. Daneben widmete er sich auch Landschaftsbildern; beliebt waren auch seine Frauendarstellungen in unterschiedlichen Techniken. In der Stadt, die ihn sein Leben lang inspiriert hat, wurde er 1898 Professor an der Akademie der Schönen Künste und später Direktor der renommierten Schmuckschule (Ecole de bijouterie). Er war außerdem Mitbegründer und Ehrenpräsident  der ABCDE (Asssociation Belge des Collectionnneurs et Dessinateurs d`Exlibris).

Während des Ersten Weltkriegs wandte sich Titz thematisch intensiv dem Krieg zu; er radierte immer wieder minutiös Stätten, an denen der Krieg ge-tobt hatte. Dabei gelangen ihm beeindruckende Radierungen,, die auch heute, gut 100 Jahre nach ihrer Entstehung, noch davon zeugen, welche Grauen durch den Krieg entstanden sind und immer noch entstehen, wie ganze Städte und ihre in vielen Jahrhunderten durch menschliche Visionen und Arbeit entstandenen Strukturen und architektonischen Merkmale verschwin-den und sich nur noch als Ruinen zeigen: seien es einstige Rathäuser, Kir-chen, Hotels, Cafés oder schöne Wohnhäuser. Besonders eindrucksvoll ist die Mappe Six Ex-Libris de ruines gravés d‘apres nature, die er 1919 in nur 50 Exemplaren herausgegeben hat. Auf den Exlibris dieser Mappe wird das, ohne dass Titz etwas hinzufügt, ohne dass er das Grauen mystifiziert oder symbolträchtig ausschmückt, an sechs Beispielen veranschaulicht. Kein Mensch ist zu sehen und seine geliebten belgischen Städte sind nur noch an zufällig stehengebliebenen Relikten zu erkennen: an den Überresten des Querschiffs einer Kirche, an der kaum entzifferbaren Inschrift eines Cafés, an ein paar erhalten gebliebenen Rundbögen einer Kirchenruine usw. Die schüt-zenden Dächer und Mauern der ehemaligen zentralen Orte einer Stadt sind sozusagen verschwunden, werden dadurch durchsichtig, so dass man dahin-ter andere Mauern und Wände sieht und den Himmel dahinter, es sind klare, minimalistisch gestaltete Konturen der Anklage mit höchstens ein paar Stei-nen und Trümmern am unteren Bildrand, als wäre die ganze Welt verschwun-den, die Natur, die Flüsse, die Wolken, die Bäume (nur auf einem der 6 Blätter steht ein kahler hoher Baum im Mittelpunkt), Menschen und Tiere.

Titz erweist sich hier wie auch in seinem sonstigen, technisch perfekten und vielfältigen Werk zunehmend als großartiger realistischer, fast naturalisti-scher Künstler, der durch das Festhalten und behutsame Ins-Bild-Setzen der Wirklichkeit, die er um sich herum vorfindet, durch das auf den ersten Blick bloße „Abbilden“ also, Aussagen trifft, die bis heute ihre Wirkung nicht verlo-ren haben.
Trotzdem habe ich für den September keines dieser großartigen Blätter aus-gewählt, sondern eines, das formal und inhaltlich untypisch für die sonstigen Kriegsblätter von Titz ist. Geschaffen hat er es für seine Frau Constance, eine begeisterte und kenntnisreiche Exlibris-Liebhaberin und -Sammlerin, die mit vielen anderen Künstlern in engem Kontakt und Austausch stand.
Das Exlibris ist mit 95 mm x 55 mm recht klein und man sieht darauf auf den gesamten unteren drei Vierteln des Blattes eine sehr verwirrende Überfülle von überwiegend nicht identifizierbaren Objekten, die sich nur durch eine vorangegangene Katastrophe erklären ließe, vielleicht auch einem Albtraum entstammen könnte.
Teilweise erkennt man nicht, was diese Objekte eigentlich sind, wofür sie da waren und was sie vielleicht einmal vor dieser Katastrophe waren und wel-che Funktion, welchen Nutzen sie gehabt haben mögen. Von oben nach un-ten betrachtet, weist die obere Hälfte kaum Konturen auf. Rechts assoziiert man eher Natur- und Landschaftselemente: einen Park, vielleicht auch einen Wald. Doch stimmt das? Denn am rechten oberen Rand des Bildteils scheint sich vielleicht doch ein Turm zu erheben. Links sind eindeutig eher Reste einer ehemaligen Stadtarchitektur zu sehen, einige Mauern stehen noch, ein Turm vielleicht auch hier, der aber ein Gesicht zu haben scheint und wie der Rest einer riesigen Statue anmutet. Sehr auffallend ist rechts unter ihm, ei-nem Naturelement zuzuordnen, etwas Längliches, Weißes auszumachen, ein weißer Gebäuderest oder ein Türeingang vielleicht, der aber ebenfalls eine Statue gewesen sein könnte. Geht der Blick weiter nach unten und folgt er den von oben herunterstürzenden und -rollenden Steinen und Mauerbrocken, über schützende Holzzäune hinweg, hinter denen aber nichts Schützenswer-tes mehr zu erkennen ist, dann bleibt er erschrocken über dem Anblick an einer großen Kinderwiege hängen, die noch Reste der geflochtenen Liege-fläche und sogar noch eine darauf liegende Wolldecke erkennen lässt. Nein, auch auf diesem Blatt sind keine Menschen zu sehen, aber Titz setzt in den oberen Bildteil, den Himmel, unter die Worte EX-LIBRIS DE CONSTANCE TITZ  POUR 1914 (die Jahreszahl ortet das Dargestellte eindeutig als Moment ei-nes von Menschen verursachten kriegerischen Geschehens und eben nicht einer Naturkatastrophe) noch den bewegenden Satz: L’ENFANT NE FUT PAS RETROUVÉ (Das Kind wurde nicht wiedergefunden). Derartige sprachliche Unterstützungen eines Bildmotivs finden sich auf den – soweit mir bekann-ten – Exlibris von Louis Titz nicht häufig.

Die gesamten demolierten Bruchstücke einer Welt, einer Stadt, einer Familie werden hier zu Zeugen nicht nur für die Brutalität des Krieges, sondern ak-zentuieren auch die Tragödie menschlicher Schicksale, die selbst unschuldi-ge Kinder nicht verschont. Das Kind, dessen Geschichte Louis Titz auf sei-nem Exlibris erzählt, hat wahrscheinlich Sekunden vorher in einem umzäun-ten Garten in seiner Wiege geschlummert und sich vielleicht an der Sonne und dem Vogelgesang erfreut, vielleicht auch geträumt.
Das Exlibris gibt uns ein nachhaltiges Zeugnis vom Krieg aus Belgien, einem der vielen in den Ersten Weltkrieg hineingezogenen Länder. – Wie bekannt, hat das deutsche Kaiserreich am 4. August 1914 mit 800 000 Soldaten ohne Kriegserklärung die belgische Grenze durchbrochen und durch diesen Über-fall den Ersten Weltkrieg begonnen. Der Erste Weltkrieg dauerte 4 Jahre; 17 Millionen Menschen verloren dabei ihr Leben: 10 Millionen Soldaten und sieben Millionen Zivilisten.
Dass heute bei uns am 1. September der Antikriegstag begangen wird, hängt allerdings nicht mit dem Ersten, sondern mit dem Zweiten Weltkrieg zusam-men. Auch dieser Krieg begann mit einem Überfall auf ein anderes  Land: Diesmal war es der Angriff auf Polen im Jahre 1939 durch Hitler-Deutsch-land. – Dieser Krieg dauerte sechs Jahre, 70 Millionen Menschen starben; 6 Millionen Juden wurden systematisch ermordet. Das neutrale Belgien erfuhr bekanntlich übrigens im Mai 1940 erneut einen völkerrechtswidrigen Angriff durch die Deutschen.
Der Krieg, an den wir am diesjährigen Antikriegstag wohl besonders intensiv denken, ist der Krieg in der Ukraine, ebenfalls durch einen völkerrechtswidri-gen Angriff auf ein benachbartes Land ausgelöst: die russische Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022.
Dieser Krieg dauert immer noch an. Die (bisherigen) Opferzahlen sind noch nicht bekannt.
Was uns das über hundert Jahre alte Exlibris von Louis Titz über den Krieg und seine Folgen mitteilt, ist bis heute gültig. Die eingesetzten Waffen mö-gen sich ändern, auch die Berichterstattung darüber aufgrund der jeweils vorrangig genutzten Medien (der Zeitungen vor allem im Ersten Weltkrieg, des Radios als wichtiger Informationsquelle im Zweiten Weltkrieg, des Fern-sehens und vor allem der vielen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten heute), nicht aber ändern sich die Folgen eines Krieges: Leid und Tod.

Ulrike Ladnar

Vor hundert Jahren: Betrachtungen zum Jahrbuch 1923

Vor der so gelungenen und gut besuchten Tagung in Paderborn erklangen im Vorstand und Beirat der DEG immer wieder sorgenvolle Töne. Die Mitgliedszahlen nehmen deutlich ab, wobei neben der infolge der Coronazeit geringer gewordenen Kommunikationsdichte innerhalb der Exlibrisgemeinde ein zweiter Faktor – wir kennen ihn ja alle – eine große Rolle spielt: deren Altersdurchschnitt. Leider müssen wir nicht nur in jedem Jahr um mehr Mitglieder trauern, sondern sehen auch zunehmend, dass die Strapazen der Reise zu den Tagungsorten für viele zu groß werden, so dass sie sich entschuldigen müssen. Die Tagungen werden kleiner, immer häufiger vermisst man bekannte Gesichter. Mit der sinkenden Mitgliederzahl wird die finanzielle Situation der Gesellschaft schwieriger, und auch die Zahl derer, die sich aktiv engagieren.

Da die Lage vor 100 Jahren sicherlich keineswegs leich-ter war, versprach ich mir vom Blättern im Jahrbuch 1923 Aufschluss darüber, wie die Gesellschaft damals Krisen bewältigte. Immerhin herrschte damals nicht „nur“ eine Verteuerung des Lebens, unter der wir heute leiden, sondern das ganze Land stöhnte unter einer (Hyper-) Inflation. War Ende 1922 der höchste Geldschein noch 1000 Mark wert, so gab es im November 1923 als höchsten Schein einen im Wert von 100.000.000.000.000 M., also 100 Billionen.

Manche krisengeschuldete Sparmaßnahmen merkt man noch vor dem Aufblättern: das geringe Gewicht des Jahrbuchs. Es ist sehr schmal und leicht. Man öffnet es und sofort erscheint ohne weitere Vorsatzblätter oder inneres Titelblatt oder Inhaltsangabe die erste Seite mit einem Beitrag von Richard Braungart über Karl Michel, 9 Seiten lang, dunkles Papier, durch das die Buchstaben und Bildumrisse der vorherigen bzw. folgenden Seite durchscheint. Nach einmontierten Originalbeilagen sucht man vergebens.

Beim Lesen allerdings wird das Thema erst mal ausgeklammert. Stattdessen beklagt Richard Braungart engagiert, dass die Exlibrisgesellschaft dem Expressionismus immer noch ablehnend gegenübersteht. Er selbst wirbt engagiert für das Neue, für die expressionistischen Exlibris Michels, die er für „das Beste, was Michel bis jetzt gemacht hat“, hält. Erleben wir nicht auch gerade so eine Diskussion über etwas Neues, das CDG nämlich, dessen Anerkennung sehr langsam vonstattengeht?

Es folgen Bemerkungen zu einem Klinger-Exlibris, ein sehr guter Beitrag über die Holzschnitte von Hans Pape und weitere kürzere Künstlervorstellungen.

Danach geht W. von Zur Westen auf die eingegangenen Neujahrswünsche 1923 ein, deren Zahl – und hier wird erstmals deutlich die gesellschaftliche und ökonomische Not der gesamten Gesellschaft und des Vereins angesprochen – aufgrund der „verschärften Not unseres kulturellen Mittelstandes“ geringer geworden sei. Und schon vernimmt man Kummer in den Worten des Autors, denn er muss seine LeserInnen darüber informieren, dass sein jährlicher Beitrag über die PFs zum Neuen Jahr deutlich kürzer ausfallen müsse als sonst. Man erkennt: Es wurden aus finanziellen Gründen weniger PFs verschickt, und die verheerende gesamtgesellschaftliche ökonomische Not ließ auch hier am Umfang sparen. Sein besonderes Lob gilt übrigens speziell den Grafiken, die einen Bezug zur aktuellen Situation haben (Cäcilie Grafs „Papiergeldproduktion des deutschen Adlers“, Gelbkes „packende Jagd nach dem Dollar“ oder Fingestens „Anbetung der Göttin der Kurse“). Auffallend ist, dass im Vergleich mit den heutigen Jahrbüchern sehr viele der angesprochenen Blätter nicht abgebildet werden. Das gilt übrigens auch für den oben erwähnten Beitrag von Otto Richter, der nur von einem einzigen Klinger-Exlibris handelt, das aber nicht einmal zu sehen ist. Stattdessen wird es von einem Exlibris von Karl Michel geziert. Das zeigt ebenfalls, wie knapp das zugeteilte Papier war.

Als Nächstes stoße ich auf einen Beitrag von Erich Büttner über die einzelnen Sparten seiner eigenen Gebrauchsgrafik; bis heute ist das ein unverzichtbarer Beitrag für alle geblieben, die über Büttner arbeiten wollen.

Sehr gefesselt hat mich dann beim Weiterblättern und Weiterlesen eine Darlegung mit dem Titel Exlibris und Eigenblatt von Dr. Franz Koebner, bei der ich mich sofort wieder ins Heute versetzt fühle. Er setzt nämlich die Begriffe Exlibris, Luxusexlibris und Eigenblatt voneinander ab. Ein Luxusexlibris ist für ihn keineswegs mehr als Bücherzeichen gedacht, sondern diene vor allem zu Sammel- und Tauschzwecken. Diese Diskussion führen wir ja auch alle paar Jahre wieder, aber Dr. Koebner ist da sehr viel konsequenter. Er führt, um nur ein Argument von vielen wiederzugeben, an, dass dadurch das erotische Exlibris überhandnehme und die persönliche Note des Eigners verlorengehe. „Ein vorzügliches graphisches Blatt“, so schreibt er, „ist noch lange kein gutes Exlibris.“ Welch eine klar formulierte These! Und, da er niemanden in seinen Interessen und Vorlieben einschränken möchte, stellt er die Frage: „“Muß aber wirklich auf jedem graphischen Blatte ein Exlibris und ein Name stehen, damit es tauschfähig wird?“ Er schließt mit der Idee, den Begriff Eigenblatt einzuführen und dann auch in Tauschgesuchen zwischen Exlibris und Eigenblatt zu unterscheiden. Er ist der Ansicht, dass dann das Exlibris seine ursprüngliche Qualität als persönliches Buchzeichen bewahren könne und daneben freie Eigenblätter gestaltet werden sollten.

Doch nun genug der Lesefrüchte, die einen manchmal denken lassen, die Zeit habe stillgestanden. Ich wollte ja eigentlich nur etwas über den damaligen Versuch, die ökonomische Krise zu meistern, erfahren, die auch uns seit Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine immer wieder stark beschäftigt. Die Mitglieder unserer Gesellschaft vor hundert Jahren würden unsere finanzielle Situation (und ich spreche nur von dieser) wahrscheinlich allenfalls leicht angespannt nennen.

In den früheren Jahrbüchern waren die Vereinsnachrichten, also die Mitteilungen, die bis dahin erschienen waren, immer eingebunden. Und als ich mich endlich diesen zuwende, finde ich doch einige Antworten auf meine Ausgangsfragen. Der Vorstand war sich vor hundert Jahren trotz der unbewältigbar erscheinenden ökonomischen Misere in der Aprilsitzung 1923 einig, dass der Gesellschaft trotz aller Probleme etwas „geboten“ werden müsse, um sie im Verein zu halten, dass also gut gemeinte Sparmaßnahmen eher kontraproduktiv wirken könnten. Der Mitgliederbeitrag war am Ende des Jahres 2022 auf 1000 M heraufgesetzt worden, davon konnte man aber im April 1923, nicht einmal mehr ein einziges Heft der Mitteilungen drucken, das bereits viele Millionen kosten würde. Das Jahrbuch war nur durch Spenden von Mitgliedern finanzierbar gewesen. Und, um auch das hervorzuheben, der großen Bereitschaft von Künstlern, Druckvorlagen zu überlassen. Für die Zukunft wurden alle Mitglieder verstärkt zur Abgabe von Blättern für Versteigerungen gebeten.

In der Vorstandssitzung vom 14. Mai 1923 teilte der Schatzmeister mit, dass ca. 250 Mitglieder den Jahresbeitrag nicht bezahlt hatten (auch dieses Problem kommt uns bekannt vor), ihnen sollte statt der nächsten Mitteilungen lediglich eine Mahnung zugesandt werden. Doch dem Dilemma konnte so nicht beigekommen werden, und so setzte der Verein an den Schluss des Jahrbuchs noch eine Information an seine Mitglieder bezüglich des zukünftigen Jahresbeitrags. Zur Zeit seiner Festsetzung sei er „bereits ganz unzureichend“ gewesen und von vielen Mitgliedern erst beglichen worden, als er wegen der Inflation bereits „völlig wertlos geworden“ sei. Zur Versendung des Frühlingshefts der Mitteilungen reichten die Mittel nicht mehr aus. Nur durch großzügige Spenden zweier Künstler konnte Geld für den Druck des Jahrbuchs generiert werden. Auch von Mitgliedern aus dem Ausland seien viele Spenden gekommen. Manche Mitglieder hätten in ihrer Treue zum Verein das Äquivalent für den Beitrag in (der Inflation standhaltenden) Goldmark bezahlt. Viele Mitglieder konnten leider den Jahresbeitrag nicht mehr entrichten und mussten aus dem Verein austreten: „Die Betrübnis, mit der sie ihre Beziehungen zum Verein gelöst haben, wird von uns aufrichtig geteilt und nur durch die Hoffnung gemildert, dass eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse sie bald wieder in unseren Kreis zurückführen werde.“ Übrigens musste vom Jahr 1924 an von allen der Mitgliedsbeitrag in Goldmark errichtet werden. Und: Erneut bat der Vorstand, zum wiederholten Male, in seinem Schreiben „An unsere Mitglieder“ um freiwillige Erhöhungen der Mindestbeiträge, „damit eine reichliche Ausgestaltung unserer Veröffentlichungen möglich wird.“ Und das Schreiben schließt ein strenger Satz ab: „Anfragen, deren Rückporto nicht beiliegt, können nicht beantwortet werden.“

Es scheint trotz aller Probleme und Härten so gewesen zu sein, dass viele Mitglieder ihren Verein sehr treu unterstützt haben und dass die Krise durch die Inflation den Verein nicht dauerhaft geschwächt hat. Immerhin sind im ersten Halbjahr 1923 bereits mehr als 40 neue Mitglieder dem Verein beigetreten. Vielleicht schaut einmal jemand in das Jahrbuch 1923 und findet das selbst überrascht heraus und bestaunt die große Solidarität, die damals offen-sichtlich geherrscht hat.

Ulrike Ladnar

Neue Heimstatt des DEG-Archivs: Museum Schloß Burgk an der Saale

Die Zeit der Ungewissheit ist vorbei! Am 3./4. Juli 2023 sind wir mit unserem Vereinsarchiv von Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen nach Schloß Burgk an der Saale (Schleiz) in Thüringen umgezogen. Die Übergangsphase, in der wir nach der Kündigung des Archiv-Vertrags seitens der Stadt Mönchengladbach das Archiv zuletzt in einem Container-Lager unter-gebracht hatten, ist damit überwunden.

Unser neues Domizil haben wir in den ehemaligen Räumlichkeiten der Burgker Schlossbibliothek gefunden, die inzwischen in einen anderen Teil des Schlosses verlegt wurde. Nachdem diese schönen Zimmer für uns frei gemacht wurden, gab es schließlich grünes Licht für unseren Umzug, der alles in allem sehr gut verlaufen ist.

Das Museum Schloß Burgk genießt (nicht nur) in der Exlibriswelt einen hervorragenden Namen, gehört zu seinen Kollektionen doch eine der großen Exlibris-Sammlungen Europas in öffentlicher Hand (mit derzeit rund 94.000 Blättern) – eine Sammlung, die nicht nur angehäuft, erfasst und konserviert wurde, sondern mit der emsig gearbeitet wird, z. B. durch eigene Aus-stellungspräsentationen und Ausleihen an andere Museen und Institutionen für Ausstellungszwecke.

Neue Heimstatt des DEG-Archivs im Museum Schloß Burgk an der Saale (Fotos: Sabine Schemmrich)

Es ist uns eine große Freude, in diesem Kontext unsere neue Heimstatt gefunden zu haben. Immerhin weist auch das DEG-Archiv mehr als 36.000 Exlibris auf, darunter sämtliche DEG-Wettbewerbsarbeiten der letzten Jahr-zehnte. Darüber hinaus verfügt es u. a. über eine große Spezialbibliothek mit Exlibris-Literatur seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und beherbergt bedeu-tende Sammlernachlässe.

Nicht von ungefähr hielt die DEG in den letzten drei Jahrzehnten allein fünf-mal ihre Jahrestagungen in der Umgebung von Schloß Burgk ab: 1995 in Saalburg, 2007, 2008, 2013 und 2018 in Wurzbach. Die kommende DEG-Jahrestagung wird das Team um die Museumsdirektorin Sabine Schemm-rich vom 25. bis 28. April 2024 in Neustadt an der Orla organisieren. Wir freuen uns, auf diese Weise den Archiv-Umzug sozusagen im Nachgang festlich begehen zu können!

Die neue Anschrift des DEG-Archivs:

DEG-Archiv
Museum Schloß Burgk
Burgk 17
07907 Schleiz

(Henry Tauber)

Vorübergehende Unterbringung in einer ehemaligen Lampenfabrik in Mönchengladbach (Fotos: Henry Tauber)
Nach der Überführung: Ankunft im Schloß Burgk (Fotos: Sabine Schemmrich)
Einräumaktion: Henry Tauber, Alexander Kerrutt, Andreas Raub (Fotos: Sabine Schemmrich)

Hans-Walter Stork: Exlibris in den Büchern der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn. Ein Auswahlkatalog

Leider konnte ich in diesem Jahr nicht zur DEG-Tagung nach Paderborn fahren und habe deswegen die Veranstaltung von Dr. Hans-Walter Stork in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek (EAB) versäumt, die ich bei der Paderborner Tagung im Jahr 2017 sehr informativ und interessant fand. Ein kleiner Trost erschien da in Form des 128-seitigen Auswahlkatalogs, den der Autor, der auch der Direktor der Bibliothek ist, im Mai anlässlich der DEG-Tagung, vorgelegt hat.

Schon der Plural des Titels Exlibris in den Büchern der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn verdeutlicht, dass die vorgestellten Exlibris nicht Exlibris der Bibliothek selbst sind, sondern dass es sich um Exlibris handelt, die in Bücher montiert sind, die die Hochschulbibliothek der Theologischen Fakultät Paderborn vor allem durch Übernahmen früherer Bibliotheken bereichert haben. Solche frühen Vorläuferbibliotheken waren z. B. die Bibliothek des Paderborner Domklosters, der Benediktinerabtei Corvey, der Kollegbibliothek der Jesuiten, der Universitätsbibliothek und etliche andere. Nach dem Säkularisierungsprozess endete die enge Verbindung zwischen staatlichen und kirchlichen Lehranstalten. Die Professoren initiier-ten den Aufbau einer eigenen Bibliothek aus ihrem eigenen Portemonnaie, 

bis endlich die 1886 erfolgte Gründung der Bischöflichen Akademischen Bibliothek, der heutigen EAB, zur Lösung führte. Auch durch Schenkungen, Nachlässe oder Ankäufe kamen Bücher mit Exlibris in die EAB. All dies er-klärt, warum in der Bibliothek auch sehr alte Exlibris, Jahrhunderte vor der Bibliotheksgründung entstanden, aufzufinden sind. Der Verfasser erläutert, dass alle in der Neuerscheinung vorgestellten 86 Blätter (so wie viele weitere noch nicht bearbeitete) In-situ-Exlibris sind, sich also am ursprünglichen Ort befinden. Darauf hinzuweisen ist immer wieder wichtig, weil Sammler und Sammlerinnen ja eigentlich vor allem Ex-situ-Exlibris –wobei ich nicht weiß, ob dieses Wort existiert – sammeln, und da wiederum solche bevorzugen, die nie einen Buchdeckel von innen gesehen haben; aus Büchern heraus-gelöste sind weniger begehrt, zeigen sie doch meist stärkere Gebrauchs-spuren (was ja eigentlich einem Gebrauchsobjekt, auch einer Gebrauchs-grafik, zugestanden werden sollte).

Angesichts der  Geschichte der Bibliothek verwundert es nicht, dass die Exlibris überwiegend geistliche und/oder gelehrte Vorbesitzer haben und dass religiöse Themen dominieren. Der Verfasser stellt die von ihm ausge-wählten Exlibris in 9 Kapiteln vor, z. B. setzt er mit den frühesten historischen Exlibris ein, dann folgen Blätter nach Eignern kategorisiert, seien es persön-liche Eigner (wie Geistliche, Adelige, Gelehrte, Sammler) oder institutionelle Eigner (wie Klöster, Bibliotheken). Im 2. Teil stellt Hans-Walter Stork das leider heutzutage weniger beachtete Supralibros an sehr schönen Beispielen vor. Alle Exlibris des Buches sind abgebildet und genauestens mit den erfor-derlichen Informationen (Eigner, Künstler, Datierung, Technik, Maße) verse-hen. Wo immer es die Forschungslage erlaubte, finden sich weitere Informa-tionen zu diesen Aspekten. Dabei wird beim Lesen deutlich, wie viele ausge-wählte Exlibris sehr bekannte Eigner haben, so seien nur Kaiser Ferdinand II (1578–1637) und Papst Pius XI. erwähnt.

Supralibris von Papst Pius XI.

Sehr hervorzuheben ist die gründliche Forschung, die der Verfasser für diesen Band vorgenommen hat, und zwar nicht nur in Bezug auf Eigner und Künstler und Institutionen, sondern ebenso in Bezug auf das Exlibris und seine Geschichte. Das kann man auch dem ausführlichen Literaturverzeich-nis, dem ein genaues Register folgt, entnehmen.

Ich habe das Buch mit viel Interesse und Freude gelesen und mir die Exlibris genau angesehen. Die folgende Bemerkung soll nicht kritisch verstanden werden, sondern lediglich als Hinweis oder Bitte einer theologisch und kir-chengeschichtlich weniger belesenen Rezensentin für einen weiteren Band zu dem Thema, der hoffentlich vorgesehen ist: In manchen Fällen wären neben den oben angeführten 5 Kriterien zur Beschreibung der einzelnen Exlibris zusätzlich eine Themenbenennung oder kurze thematische Erläute-rungen hilfreich, weil nicht mehr alle religiösen Objekte oder Symbole all-gemein bekannt sind, sodass man ohne Hilfen nicht alle diesbezüglichen Motive deuten kann.

Hans-Walter Stork: Exlibris in den Büchern der Erzbischöflichen Akademi-schen Bibliothek Paderborn. Ein Auswahlkatalog, veröffentlicht als Heft 25 der Veröffentlichungen der Erzbischöflichen Bibliothek Paderborn, 1. Aufl., Paderborn Mai 2023; ISBN 978-3-9825023-0-4

Ulrike Ladnar

Exlibris von Kaiser Ferdinand II.

Elke Schutt-Kehm: Klein, nützlich, schön: Exlibris

Elke Schutt-Kehm: Klein, nützlich, schön: Exlibris

Auf 157 Seiten stellt Elke Schutt-Kehm die Exlibris-Schätze des Gutenberg-Museums in Mainz vor. Dabei wird mehr als deutlich, über welchen Wissens-schatz und Kenntnisstand die Autorin nach 40-jähriger Arbeit als Kustodin des großen Exlibrisfundus des Gutenberg-Museums verfügt. Das betont auch Annette Ludwig, die langjährige Direktorin des Gutenberg-Museums, deren Stellvertreterin Elke Schutt-Kehm fünf Jahre lang war, in ihrem Vorwort. Elke Schutt-Kehm, so führt sie aus, lässt in diesem Buch keinen Aspekt aus, der bei der Beschäftigung mit Exlibris eine Rolle spielt: „Historie, Funktion, Bedeutung, Umfang, Mannigfaltigkeit, Distributionswege der Kleinode im Kleinformat, Urheber, Rezipienten und Mäzene (…) sammlungs- und institutionsgeschichtliche Kontexte + …“

Durch die Fülle der vorgestellten Aspekte und Begriffe und Namen ist das Buch mit seiner klaren Gliederung fast eher ein Nachschlagewerk zum schnellen Informieren als ein Buch zum Lesen. Auf 60 Seiten beispielsweise geht Elke Schutt-Kehm auf die Motivvielfalt von A bis Z ein und führt von Adam und Eva bis Zeitung alle denkbaren Motive an, die man sich auf einem Exlibris vorstellen kann. Viele dieser Motive haben mehrere Untermotive, es gibt auch Motive, deren Untermotive ebenfalls von A bis Z (z. B. Tiere von Affe bis Zebra) angeordnet sind. Dem Alphabet folgen auch andere Motive, wie z. B. Herausragende Künstler und eine Künstlerin* oder Eignerinnen und Eigner – von namenlos bis weltbekannt. Man findet sich also trotz der Über-fülle der angebotenen Aspekte gut zurecht in dem Buch, wenngleich ein Register der Künstler und Künstlerinnen bzw. der Eigner und Eignerinnen dabei sehr helfen könnte.

Pro Seite werden, unabhängig davon, bei welchem Kapitel man das Buch aufschlägt, durchschnittlich zwischen fünfzehn und zwanzig Exlibris beschrieben, insgesamt also circa 2250–3000. Elke Schutt-Kehm gelingt es, aber das wissen wir ja schon seit langem als dankbare Leser und Leserinnen ihrer Exlibris-Beiträge, in einem einzigen Satz alle erforderlichen Informa-tionen über das jeweilige Blatt unterzubringen: wer es gemacht hat, für wen es bestimmt war, was darauf dargestellt ist, und fast immer ist außerdem ein kleiner Hinweis darauf enthalten, wie die Autorin das Blatt einschätzt. Sehr oft vernimmt man in dieser komprimierten Beschreibung den leicht ironischen Unterton der Autorin, den man so zu schätzen gelernt hat. Man könnte aus ihren Beschreibungen ein Quiz-Event für die DEG-Tagung bilden.

(Versuchen Sie es einmal: „Die schöne Nackte als das Rätsel Weib oder als bestaunenswürdige Sehenswürdigkeit überragt oft die Männer an Größe. Mitunter sind es ganze Gruppen kleiner Männer, die da kaum ihren Augen trauen, etwa im Exlibris K. Wiesner von (?**) oder im Exlibris Hugo Sanner von (***), wo ein Reigen begeisterter Miniatur-Herren verschiedenster Stände zu einer selbstbewussten Schönen aufschaut. Gleich mehrfach hat (?****) das Thema große Frau und Männlein gestaltet. Für Erwin Netter ist es ein knieender weiblicher Akt, der das Seil hält, auf dem ein Männlein balanciert, während fünf weitere Mini-Herren in Gesellschaftskleidung zuschauen …“) Hoffentlich hatten Sie bei dem längeren Zitat auch Ihre Freude und haben die von mir hier weggelassenen Künstlernamen auch ohne die Hilfe der Anmerkungen einfügen können.

Wer sich unter den Sammlern und Sammlerinnen nicht ganz so gut auskennt speziell mit dem Exlibris vor ungefähr 100 Jahren, also älteren Exlibris, wird sich manchmal doch mehr Abbildungen zu den schönen Beschreibungen wünschen. Denn die ca. 150 Seiten mit den Unmengen beschriebener Exlibris enthalten leider nur um die 150 Abbildungen, die allerdings von guter Qualität sind. 

Elke Schutt-Kehm hat den Menschen, die das Exlibris wertschätzen und sammeln, mit diesem Buch ein wertvolles Geschenk gemacht.

Erschienen ist es als 2. Band der Verborgenen Schätze des Gutenberg-Museums 2023 in Mainz (ISBN 9 783961 762088).

*Die einzige Künstlerin im Alphabet ist übrigens Käthe Kollwitz, obwohl in den einleitenden Sätzen zu Beginn auch Mathilde Ade für die Zeit von vor hundert Jahren und Desiré Acket für die Moderne angesprochen werden. – Man muss allerdings, bevor man da auf eine Fülle bekannter Künstlerinnen früherer und heutiger Zeit verweist, bedenken, dass die Autorin sich in ihrer Darstellung immer nur auf den Exlibrisschatz des Gutenberg-Museums bezieht, der zwar mit 130.000 Buchzeichen sehr groß ist, allerdings nicht auf einem systematischen Aufbau beruht, sondern aus Schenkungen, Spenden und (seltenen) Ankäufen beruht, wobei der Grundstock Exlibris zwischen 1900 und 1925 umfasst, deren größter Anteil mit ca. 50.000 unserem Ersten Vorsitzenden nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Höchster Chemiker Willy Tropp, zu verdanken ist.
**Max Schenke
*** Rudolf Oeffinger
**** Georg Erler

(Ulrike Ladnar)

Nachruf auf den Illustrator und Exlibriskünstler Klaus Eberlein

Für die meisten Freunde der Exlibriskunst sind seine Grafiken erst im Jahre 2012 bei einer DEG-Tagung in Grassau auf ein breiteres Interesse gestoßen. Im nahen Traunstein wurden damals einige seiner schönsten Arbeiten zusammen mit den Werken anderer in Bayern bedeutender Exlibriskünstler in einer begleitenden Ausstellung präsentiert.
Klaus Eberlein kam 1941 in München-Sendling zur Welt. Seine aus Franken stammenden Eltern waren vor dem Zweiten Weltkrieg nach München gezogen, wo sie in der Paul-Heyse-Straße eine Buchhandlung eröffneten. Bücher und Illustrationen ließen ihn nicht mehr los. Nach dem Abitur erhielt er in einer großen Münchner Druckerei eine Ausbildung zum Chromolitho-graphen.
Nachdem er 1963 die Aufnahmeprüfung an der Münchner Akademie der Bildenden Künste bestanden hatte, kam er in die Klasse von Prof. Hermann Kaspar (1904-1986), wo er sich für die Techniken der Lithografie, der Radie-rung und des Holzschnitts begeisterte. Seine künstlerischen Ambitionen wurden mit dem Aufstieg zum Meisterschüler Hermann Kaspars belohnt. 1964 lernte er den Verleger Kurt Visel aus Memmingen kennen und schuf Originalgrafiken für die Zeitschriften Illustration 63 und Grafische Kunst.

Foto auf der Trauerkarte

1968 wurde er als Mitglied der „Künstlervereinigung Dachau“ und des  „Vereins für Originalradierung“ in München aufgenommen, bei dem er auch als langjähriger Leiter wirkte. Bald wurde er auch in die Zunft der „Münchner Turmschreiber“ aufgenommen, die ihn 2009 mit dem Poetentaler auszeich-nete.
Eberlein lebte mit seiner Frau Marita und Tochter Petra in München-Solln, wo er als freiberuflicher Künstler arbeitete. Seine Buchillustrationen haben ihm Preise und Ankäufe in aller Welt eingebracht. Als Auszeichnungen seien der Preis der Internationalen Buchkunstausstellung in Leipzig oder das Stipen-dium der Richard-Seewald-Stiftung, Ascona, genannt. Ausstellungen fanden in Polen, Finnland, Frankreich, USA, Spanien und der Ukraine statt. Ankäufe wurden unter anderem durch die Graphische Sammlung München, die Baye-rischen Staatsgemäldesammlungen und das Buchheim Museum Bernried getätigt, aber auch durch die British Library London und die Vatikanischen Sammlungen in Rom.
Klaus Eberlein war ein narrativer Künstler, wie es Norbert Göttler, ehemaliger Bezirksheimatpfleger Oberbayerns und Freund des Künstlers formulierte.
Mit einem Übermaß an Witz, feiner Ironie und Phantasie schaffte er in seinen Bildern wie auch in seinem Terrakotten-Oeuvre eine Welt voller faunartiger Gestalten, lasziver Frauen, geflügelter Fabelwesen, Engel, Musiker, Könige und Artisten.
Auch in seinen über 90 Exlibris-Arbeiten findet sich viel davon, wenn er sich mit dem Namen der Eignerin oder des Eigners und deren jeweiligen Interes-sensgebieten und Vorlieben beschäftigte. In vielen PFs erinnerte er gerne an berühmte Persönlichkeiten und Ereignisse, an zahlreiche Schriftsteller und Musiker. Im Corona-Jahr 2022 radierte er noch eine Venedig-Ansicht, in der er die aktuellen Pandemieprobleme mit Pest und Cholera verglich.
Trotzdem verlor er nie die Lebenslust, die seine Kreativität bis in die letzten Monate hinein erhalten hat. All dies prägte Klaus Eberleins Persönlichkeit, dazu seine Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Hilfsbereitschaft und Bescheiden-heit. Jetzt ist er im Alter von 82 Jahren von uns gegangen. 

(Heinz Neumaier)

Eigen-Exlibris, 2020, Radierung
PF 2006 Sieglinde, Radierung
PF 2015 Dachauer Redoute, Klischee

Utz Benkel neuer Vizepräsident der DEG

Am 13. Mai 2023 wählte die Mitgliederversammlung der DEG als Nachfolger des zurückgetretenen Sammlers Alexander Kerrutt den Künstler Utz Benkel zum neuen Vizepräsidenten der Deutschen Exlibris-Gesellschaft.
Der am 6. März 1959 in München geborene Utz Benkel trat 1985 mit 26 Jahren in die DEG ein.
Die ersten Jahre Sammler und Künstler, arbeitete er schon bald vorwiegend als freischaffender Künstler – dessen grafischen Oeuvre gegenwärtig 262 überwiegend als Linolschnitte gefertigte Exlibris aufweist.
1989 organisierte er die erste Jahrestagung für die DEG, damals in Deggendorf, 2002 die zweite, ebenfalls in Deggendorf. 2004 die dritte Jahrestagung in Memmingen und schließlich 2010 eine vierte Jahrestagung in Berlin/Erkner.
Ab 1992 stellte er 30 Jahre lang mit Klaus Thoms die Mitteilungen der DEG her, seit 2022 das DEG-Magazin mit Heinz Neumaier, seit 1995 bis heute 26mal das Jahrbuch der DEG. 
Darüber hinaus produzierte er in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl an Exlibris-Katalogen und -Büchern und organisierte eine ganze Reihe von Exlibris-Ausstellungen.
Am 24. Februar 2022, dem Überfall Russlands auf die Ukraine, rief er eine Spenden-Aktion für ukrainische Exlibriskünstler*innen ins Leben und sammelte dafür bis heute über 42.000 Euro ein.
Mit Marie Plyatsko organisierte Utz Benkel ab Herbst 2022 das Ausstellungsprojekt „Day after Day“, in dem 26 ukrainische Künstlerinnen*innen Arbeiten zum Thema zeigen. Diese wurde zur Jahrestagung in Paderborn 2023 eröffnet und geht weiter auf die Reise …

Die DEG wünscht ihrem neuen Vizepräsidenten alles Gute für seine neue Tätigkeit!

Dr. Henry Tauber, im Mai 2023

“Deutsche Exlibris-Gesellschaft e. V. – Forum für Kleingrafik”, abgek. DEG

In jüngerer Zeit ist von mehreren DEG-Mitgliedern die Idee an den Vorstand herangetragen worden, die von unserem Verein vertretenen Interessen über die Exlibriskunst hinausgehend generell in Richtung Kleingrafik auszuweiten.

Es ist zu konstatieren, dass sich das Exlibris in seiner Geschichte immer mehr von einer reinen Gebrauchsgrafik, die v. a. der Eigentums-Kennzeichnung eines Buches diente, zu einem vorrangig bildhaft gestalteten Kunstblatt entwickelt hat.

Vor diesem Hintergrund ist der Vorstand nach intensiven Diskussionen zu der Überzeugung gelangt, dass eine Öffnung der DEG in Richtung Kleingrafik sinnvoll ist und wir dies durch eine entsprechende Namenserweiterung auch dokumentieren sollten.

Schließlich könnte eine solche Interessenserweiterung auch dazu führen, dass Kleingrafikfreundinnen und -freunde, für die eine Gesellschaft bisher wenig attraktiv war, die sich im engeren Sinne um das Exlibris gekümmert hat, einer Vereinigung, die sich der Kleingrafik generell widmet, eher geneigt sind, sich als neue Mitglieder anzuschließen. 

Aus den genannten Überlegungen schlug der Vorstand der Mitglieder-versammlung auf der DEG-Tagung am 13.05.2023 in Paderborn vor,

den bisherigen Vereinsnamen wie folgt zu erweitern: „Deutsche Exlibris-Gesellschaft e. V. – Forum für Kleingrafik“, abgek. DEG. Dadurch tragen wir der skizzierten Entwicklung Rechnung, stellen jedoch zugleich klar, dass die Exlibriskunst ihren hohen Stellenwert für den Verein beibehält. Das weithin bekannte Kürzel „DEG“ bleibt unangetastet. 

Die Mitgliederversammlung stimmte der Erweiterung des Vereinsnamens mit großer Mehrheit zu. 

Walter-von-Zur-Westen-Medaille 2023 für Krzysztof Marek Bąk

Nach der Ernennung zum Ehrenpräsidenten und zum Ehrenmitglied ist die Verleihung der Walter-von-Zur-Westen-Medaille die höchste Auszeichnung, die die Deutsche Exlibris-Gesellschaft zu vergeben hat.
In diesem Jahr 2023 hat der Vorstand entschieden, diese Medaille einem polnischen Grafik-Designer und Exlibris-Künstler zuzusprechen, der zu den derzeit führenden Exlibristen zählt, die sich für die Anerkennung und Etablierung des computergenerierten Exlibris-Designs einsetzen. Gemeint ist unser Vereinsmitglied Prof. Dr. habil. Krzysztof Marek Bąk.

Jeder Exlibris-Freund und jede Exlibris-Freundin wird das Logo der DEG kennen, das von ihm stammt. Und wohl die meisten Exlibris-Sammler und -Sammlerinnen werden Exlibris von ihm kennen, denn obwohl er, 1977 geboren, erst Mittvierziger ist, kommt er mit seinem Exlibris-Oeuvre und anderer Kleingrafik bereits auf die imponierende Zahl von mehr als 2.300  Blättern. Seine Exlibris und Grafiken wurden weltweit in mehr als 100 Ausstellungen präsentiert. Er erhielt mehr als 50 Preise und Ehrenauszeich-nungen, zu denen heute eine weitere, besondere hinzukommt.

Krzysztof Bak hat an der Akademie der Bildenden Künste in Wrocław studiert, lehrt als Professor an der Philosophischen Fakultät der Schlesischen Universität in Katowice und leitet am dortigen Institut für Bildende Kunst seit rund 10 Jahren das Modern Exlibris Research Studio. Und er ist künstlerischer Leiter des renommierten Internationalen Exlibris-Wettbewerbs in Gliwice.

Seine Exlibris entstehen in CGD-Technik, d. h. also als computergeneriertes Design, wobei er die abgebildeten Objekte, die oft aus der Natur stammen, meist auf einen stark kontrastierenden – schwarzen oder weißen – Hintergrund setzt, um sie zu pointieren.    

(Foto: Mariana Myroshnichenko)

Er bietet dem Betrachter Sinnbilder und Veranschaulichungen an, die reichlich Raum für Interpretationen lassen, Zeit und Möglichkeit zum Sichversenken, zur Besinnung, zur Meditation.

Seit mehreren Jahren versucht das von ihm geleitete Modern Exlibris Research Studio Antworten auf die Frage zu finden, wie die Entwicklungen in der Informationstechnologie die Entstehung eines künstlerischen Exlibris beeinflussen können. Und daraus entspringen neue Ideen für Exlibris, darunter Bücherzeichen für E-Books, die Nutzung von QR-Codes, VR- oder AR-Techniken (wobei mittels Apps Smartphones auf Exlibris gerichtet werden und diese dabei teil-animiert sozusagen zum Leben erweckt werden). Oder das von Dir entwickelte „ex telefonum“: Davon ausgehend, dass das Smartphone heute oftmals als elektronisches Lesegerät dient, als E-Reader, und als Kamera, zeigt der künstlerisch gestaltete Desktop des Smartphones den Eigner an.

Vielleicht, so schreibst Du, lieber Krzysztof, in einem höchst innovativen Aufsatz für das DEG-Jahrbuch 2023, vielleicht verwandelt sich das Exlibris irgendwann in etwas ganz anderes, was wir uns heute überhaupt noch nicht vorstellen können.

Neben Deinem eigenen Werk und Deinen Verdiensten um die DEG durch die Gestaltung des Logos, von Urkunden und vielem mehr, ist es nicht zuletzt Dein Einsatz als Hochschul-Professor und Hochschul-Lehrer für das Exlibris und seine Weiterentwicklung in die Zukunft hinein, der den Vorstand bewogen hat, Dir die Walter-von-Zur-Westen-Medaille 2023 zu verleihen.

Das tue ich hiermit sehr gerne, verbunden mit der Übergabe der neu gestalteten Urkunde zur Medaille, die ja lustigerweise von Dir selbst stammt, aber ich verrate es mal, den Namen konntest und solltest Du ja nicht selbst einfügen, denn sonst wär´s ja keine Überraschung gewesen – da haben wir Dich mit Hilfe Deiner Frau überlistet –, nochmal einen lieben Dank an Kasia.

Ganz herzlichen Glückwunsch, lieber Krzystof!

(Laudatio, gehalten von Henry Tauber am 13.05.2023 in Paderborn)

PreisträgerInnen des DEG-Wettbewerbs 2023

Zu den Höhepunkten jeder DEG-Tagung gehört traditionsgemäß die Präsentation der für den Wettbewerb für Exlibris und Gelegenheitsgrafik eingesandten Arbeiten, die seit Beginn des Vorjahres entstanden sind,
und die Auszeichnung der gewählten SiegerInnen in den einzelnen Kategorien.

Ein Jahr nach der letztjährigen Veranstaltung in Moers beteiligten sich am Wettbewerb 2023 in Paderborn 40 KünstlerInnen aus 14 Ländern
(2022: 37 KünstlerInnen aus zehn Ländern) mit insgesamt 120 Grafiken (2022: 110 Grafiken), nämlich 101 Exlibris und 19 Gelegenheitsgrafiken. 

Die Jury: Bert Groeneveld (Antiquar), Marina Maroz (Künstlerin) und Christiane Windeck (Tagungsteilnehmerin) sprach folgenden KünstlerInnen die Preise in der Kategorie „Bester Künstler“ bzw. „Beste Künstlerin” zu: 

1. Mykhailo Drimaylo (UA)

2. Silvana Martignoni (I)

3. Krzysztof Marek Bąk (PL) 

 

Die Publikumspreise gingen an: 

Josef Werner (CZ/D) – “Bestes Exlibris” (für Henry Tauber) 

Marie Plyatsko – “Beste Gelegenheitsgrafik” (“Burns”) 

Mykhailo Drimaylo: Exlibris für Stefan Wisniewski, "Japan", C3+C5/ 3 Platten, 2023
Silvana Martignoni: Exlibris für Evelyn, "Dancing in the Forest", C7/col., 2022
Krzysztof Marek Bąk: Exlibris für Prof. Andrzei Pieczynski, CGD, 2022
Josef Werner: Exlibris für Henry Tauber, "Johannes, Offenbarung 13 - Die Zahl 666", C3, 2022
Marie Plyatsko: "Burns", C3, 2022