Ausgewählte Exlibris-Portraits Band 2. Industrie-Exlibris Band 12

Der Band ist 2021 als Publikation des Internationalen Exlibris-Zentrums Mönchengladbach erschienen.  Der Herausgeber Daniel Theveßen, der diesem Zentrum vorsteht, ist selbst für sechs der 14 Beiträge verantwortlich, bei vier weiteren, zwei des Künstlers Georg Opdenberg und zwei des Sammlers von Industriegrafik, Karl-Friedrich Kröger, betätigte er sich als Co-Autor; die restlichen Beiträge trug ein ehemaliger Kollege im Exlibris-Zentrum, Jochen Wirtz, bei. Nach dem Ausstellungskatalog Widerhall – Industrialisierung, Arbeit und soziale Bewegung im Exlibris (2018 Schloss Burgk) setzt diese Veröffentlichung weitere Akzente dieses wichtigen Themas. In jedem der 14 Beiträge wird ein Exlibris mit Industrie-Motiv vorgestellt, das auch ganzseitig abgebildet wird. Überwiegend sind die Eigner Industrielle, Fabrikanten, manche sind aber auch als Chemiker (wie der bis heute bekannte Willy Tropp aus Höchst) oder Ingenieure in verantwortlichen Posten in der Industrie tätig.
Nicht überraschend ist, dass zwölf der dargestellten Exlibris aus der Epoche zwischen der Gründerzeit und den späten 30er Jahren stammen; zwei sind erst in den letzten Jahren entstanden. Geographisch liegt der Schwerpunkt auf der industriellen Arbeit in Deutschland und in Tschechien, auch die vorgestellten Industrien wie Montanindustrie, Metallindustrie, Glas-herstellung, Chemieindustrie u.a.m. sind exemplarisch und relevant für die Geschichte der Industrialisierung der angesprochenen Epoche. Nachhaltig beeindruckt sind wir Heutigen von der Ästhetisierung der Industrie und des industriellen Fortschritts der Gründerzeit. So standen rauchende Schlote, heute ein Symbol für die Verschmutzung der Umwelt, damals durchaus vor allem als Symbol für eine blühende und wachsende Wirtschaft und für die moderne Zeit.
In vielen Beiträgen werden dankenswerterweise auch die weiteren Lebenswege von Künstlern und Eignern jüdischen Glaubens angesprochen, Lebenswege, die durch die nationalsozialistische Diktatur abrupt abgebrochen bzw. aufgegeben werden mussten. Um nur ein Beispiel anzuführen: Bereits die Eigner des ersten vorgestellten Exlibris`, der jüdische Fabrikant Max Gompertz und seine Frau Ilse, wurden Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes und wurden in Theresienstadt ermordet. Auch einige Familienmitglieder des Künstlers, Max Lion Lazarus, erlitten den Tod durch die Gewaltherrschaft. Diesem selbst gelang die Flucht nach Amerika. 

Beim Lesen des Beitrags von Daniel Theveßen Das Erbe der Industriekultur, in dem er exemplarisch ein modernes Exlibris von Andreas Raub für Karl Fried-rich Kröger aufgreift, dessen fast nicht mehr zählbare Details sowohl auf  den heutigen Bauprozess eines Steinkohlekraftwerks als auch auf biografi-sche Momente im (Berufs- und Sammler-)Leben des Eigners zu beziehen sind, wird unsere Wahrnehmung mit einem traurigen Ereignis verknüpft.

 Denn der Eigner, der in diesem Jahr verstorbene Vizepräsident der DEG, konnte die von ihm geplante Ausstellung mit Beispielen der Darstellung der Industrie auf Exlibris und Kleingrafik für die Gesellschaft ja leider nicht mehr realisieren.

Ausgewählte Exlibris Portraits Band 2. Industrie-Exlibris. Hg.: Daniel Theveßen. Schriften des Internationalen Exlibris-Zentrums Mönchengladbach Band 12, 2021 

Ulrike Ladnar

Karsten Weber: Mit 80 rundum geschaut

Unser DEG-Mitglied, der Historiker, Theologe und Romanist Karsten Weber, der auch mehrfach als Autor in unseren Jahrbüchern sein Interesse an Exlibris dokumentiert hat, legte in diesem Jahr anlässlich seines 80. Geburtstags seine persönlichen Sichtweisen auf viele Fragen der Gegenwart und der Vergangenheit dar, seien es theologische und philosophische, seien es Fragen heutiger oder älterer Geschichtsschreibung (da greift er auf ein 15-bändiges historisches Werk seines Ururgroßvaters zurück), seien es Betrachtungen zu klimatischen, politischen oder pädagogischen Themen u.v.a. mehr. Und: sein Rundum-Schauen trifft auch sein Sammelgebiet, das Exlibris. Und dort bleibt sein Blick dann doch lange haften: Fast ein Viertel des 67-seitigen Buches gilt dem Exlibris, und mit vielen Bildbeispielen wird veranschaulicht, was sein Interesse an diesem Thema ist und welche hohen Erwartungen er an die Qualität von Exlibris stellt.

Karsten Weber: Mit 80 rundum geschaut. Verlag Dortmunder Buch Dortmund 2021. ISBN 978-3-945238-64-6 

Ulrike Ladnar

Andreas Raub: Von Aachen bis Zürich. Europäische Städte in Kleingrafiken

Schon 2021 hat Andreas Raub sein im Verlag Dortmunder Buch erschiene-nes Buch mit seinen beliebten Städteexlibris veröffentlicht. Wie es der Titel verspricht, sind die Exlibris hier alphabetisch – den Namen der Städte folgend – angeordnet.
Dass Andreas Raub in der Darstellung architektonischer Motive, seien es einzelne Gebäude, Kirchen, Schlösser, Gebäudeensembles, bebaute Plätze, Brücken u.v.a.m. sehr geschickt ist und dass seine Exlibris mit architekto-nischen Motiven aufgrund ihrer Genauigkeit, ihrer Detailliertheit, gleichzeitig aber auch aufgrund ihrer Konzentriertheit auf Wesentliches einen hohen Wiedererkennungswert haben, ist bekannt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass so viele Eignerinnen und Eigner bei ihm Exlibris mit Motiven von Städten, die für sie eine Rolle spielen, bestellt haben.

40 dieser Blätter, 39 in guten Abbildungen und eines in der hinteren Um-schlagklappe als Originalradierung beiliegend, werden in diesem Buch gezeigt und ihre Motive auf der gegenüberliegenden Seite genau benannt und verortet. Man wird kaum ein Städte-Exlibris finden, auf dem weniger als vier Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Stadt radiert worden sind. Meistens sind es mehr, viel mehr. Dabei wird die Platte gerne in rechteckige Segmente mit je einem Motiv geteilt, und in der Mitte wird ein fünftes Motiv, dann oft in ovaler oder runder Form, oft auch in einer anderen Farbe, oder auch der Schriftteil mit Eignernamen gesetzt, wodurch die einzelnen Bilder zusam-mengehalten werden. Oft gesellen sich auch Stadtwappen oder alte Stadtpläne dazu. Eine weitere Gruppe von Stadt-Exlibris ist so konzipiert, dass aus den typischen Baudenkmalen einer Stadt, so groß auch real die Entfernung zwischen ihnen sein mag, ein Gebäudeensemble zusammen-gestellt wird, also eine neue fiktive Architektur- oder Stadtphantasie entsteht. Manchmal wird auch mit der Perspektive gespielt. Für manche Städte sind sehr ausgefallene, aber äußerst reizvolle Präsentationen ersonnen worden, 

wenn z. B. eine Statue auf ihrer hochgestreckten Hand das Stadtschloss in den Himmel hebt oder wenn ein Elefant über eine bekannte Stadtbrücke, die ehemals über einen Zoo führte und heute gar nicht mehr vorhanden ist, spaziert. Überhaupt finden sich, je länger man sich mit den Blättern be-schäftigt, von denen man eigentlich meinte, sie auf den ersten Blick ent-schlüsselt zu haben, doch häufig solche humorvollen Akzente. Einige davon kann man vielleicht nur deuten, wenn man auf den Eignernamen schaut, so, wenn über Bielefeld und Soest Ballonflieger zu sehen sind. Außer von Kreati-vität zeugt das von einer anderen Qualität von Andreas Raub, von der auch im Vorwort von Bernd Sparenberg gesprochen wird: seinem bescheidenen Verständnis von sich als Auftragskünstler, Gebrauchsgrafiker, Kunsthand-werker, wie er sich einmal in einem Gespräch bezeichnete. Er will die Erwar-tungen seiner AuftraggeberInnen erfüllen, ihnen in höchster Qualität ein Blatt schaffen, wie sie es sich von ihm wünschen. Zwischen seinem A, einem Exlibris in der Art des hier zuerst beschriebenen Aufbaus, und seinem Z erstreckt sich ein weiter Bogen der Exlibriskunst von Andreas Raub. 
Ein Wort noch zu diesem Z, dem Zürich-Bild, in dem die Stadtarchitektur, so voll und detailgenau links auch die Stadt erscheinen mag, doch der Blick sich

 dem Himmel zuwendet, auf dem eine große weiße beflügelte Engelsgestalt ein Füllhorn voller Exlibris über Zürich, Wollishofen, Witikon und den Zürcher-see ausschüttet. Rechts der Limmat gehen Menschen zusammen einen ge-pflasterten Weg hinauf, Kinder, Erwachsene, alte Menschen. Es ist wohl ihr Lebensweg. Und wir wünschen ihnen, dass sie glückliche Erinnerungen sammeln können, denn die, so besagt der Text, den sie hinter sich lassen, sind wichtiger als das Glück selbst. Mit diesem Blatt hat Andreas Raub dar-gestellt, wie sich die Eignerin Elsbeth Rhonheimer, die vielen Menschen – auch mir – nahestand, zurückzog, mit einem Exlibris Rückschau hält auf ihr Leben, ihr Sammeln, ihre Freude. Und auf den kleinen Exlibris, die herunter-fallen, sieht man, was ihr dabei wichtig war: die Familie, Kinder, Gerechtigkeit (die Waage), Toleranz (die drei Ringe des weisen Nathans), die Religion und noch viel anderes. Glückliche Erinnerungen.

Andreas Raub: Von Aachen bis Zürich. Europäische Städte in Kleingrafiken. Verlag Dortmunder Buch Dortmund 2021, ISBN 978-3-945238-58-5 

Ulrike Ladnar

VOGELER 150. Katalog zum Exlibris- und Kleingrafik-Wettbewerb VOGELER 150

Siegried Bresler hat unter der Schirmherrschaft der DEG und der HVG (Heinrich-Vogeler-Gesellschaft) sowie der Unterstützung der Heinrich-Vogeler-Stiftung Haus im Schluh einen Exlibris- und Kleingrafik-Wettbewerb zum Thema HEINRICH VOGELER 150 organisiert. 72 Künstler und Künst-lerinnen aus 13 Ländern haben in ihren 100 eingereichten Grafiken Ergeb-nisse ihrer individuellen Auseinandersetzung mit Heinrich Vogeler, ihrer Interpretation seines Lebens und Werks sowie ihrer Einschätzung seiner Bedeutung für die kulturelle, soziale und politische Entwicklung in Europa gezeigt. Diese Blätter sollen zweimal ausgestellt werden: von November 2022 bis März 2023 im Haus im Schluh in Worpswede und danach beim DEG-Jahrenstreffen 2023 in Paderborn.
Jetzt schon kann man die Arbeiten in einem gut und großzügig gestalteten Katalog betrachten, der mit einer Einleitung des Organisators sowie Gruß-worten der drei beteiligten Gesellschaften einsetzt. Es folgt ein sehr infor-mationsreicher ausführlicher Beitrag Siegfried Breslers unter dem Titel Kleingrafik und Exlibris im Werk von Heinrich Vogeler, in dem der Vogeler-Kenner die einzelnen Stationen von Vogelers ungewöhnlichem Leben dar-stellt. Diese einzelnen Lebensphasen bilden dann den Hintergrund, auf dem die jeweils für sie repräsentativen Exlibris oder anderen kleinen Grafiken auch mit ihren künstlerischen Spezifika, seien sie ästhetischer oder inhalt-licher Art, beschrieben und gedeutet werden können.
Es folgen die Blätter der drei Siegerinnen Marianna Antonacci, Carla Fusi (beide Italien) und Ekaterina Kuberskaia (Russland) sowie die der beiden lobend herausgehobenen TeilnehmerInnen. Die Begründung der Jury, der auch Henry Tauber, der Präsident der DEG, angehörte, ergänzt diesen Teil des Katalogs.
Die eingereichten Grafiken sind sämtlich abgebildet, die Namen der Künstler und Künstlerinnen bestimmen mit ihrem Anfangsbuchstaben die Reihen-folge. Dadurch erleichtert sich das Suchen nach dem Blatt eines bestimmten Künstlers oder einer bestimmten Künstlerin. Beim Durchblättern und Be-trachten ergeben sich, vor allem für die zahlreichen Vogeler-Interessierten in der Exlibris-Szene, viele bereichernde Eindrücke. Hauptsächlich wird in den Exlibris des Wettbewerbs Bezug zur Biografie des Künstlers genommen: 

Immer wieder stößt man vor allem auf eine realistische oder auch nur angedeutete Wiedergabe Barkenhoffs. Genauso häufig enthalten die Blätter ein Porträt Vogelers, manche kombinieren auch beides. Man freut sich an den vielen Perspektiven und Deutungen, die diese wenigen Motive doch erfahren. Übrigens gehören alle preisgekrönten und lobend erwähnten Grafiken diesen Bereichen an. Auf relativ wenigen Exlibris und Kleingrafiken erfolgt die Reminiszenz an den Themengeber (auch) stilistisch, und ebenfalls nicht viele nähern sich dem Künstler oder seinen Werken eher assoziativ, seine Themen, Motive, Stimmungen nachempfindend, an. 

Die Idee des Wettbewerbs hat gezündet, wie man so sagt, und es macht Freude zu sehen, wie Heinrich Vogeler moderne Künstlerinnen und Künstler des 21. Jahrhunderts zu einer Auseinandersetzung mit seinem Werk und seinen Themen anregen konnte. 

Siegfried Bresler (Hg.): VOGELER 150. Katalog zum Exlibris- und Kleingrafik-Wettbewerb VOGELER 150 zum 150. Geburtstag von Heinrich Vogeler im Jahr 2022 

Ulrike Ladnar 

Exlibris-Kunst der Ukraine in Mönchengladbach

In der Reihe „Schriften des Internationalen Exlibris-Zentrums Mönchengladbach“ ist als Band 13 – aus traurigem Anlass des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine – als Sonderband ein Katalog zur Ausstellung „Exlibris-Kunst der Ukraine“ erschienen.

Das von Putin-Russland gemarterte osteuropäische Land hat seit Jahr-zehnten immer wieder wunderbare Exlibris-Künstlerinnen und -Künstler hervorgebracht, die mit einer großen Anzahl bemerkenswert qualitätvoller Bücherzeichen die Fahne des Exlibris hochhalten. Aus dem Fundus von rund 3.000 Grafiken ukrainischer KünstlerInnen, auf die Mönchengladbach zurück-greifen kann, wurden 80 Blätter für eine Ausstellung zusammengestellt, die vom 6. April bis zum 27. Mai in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek Mönchengladbach, Krefelder Str. 423, gezeigt werden. Für den Begleitkatalog hat Daniel Theveßen 25 Grafiken ausgesucht – von Ruslan Agirba, dem 2021 verstorbenen Arkady Pugachevsky und seinem Sohn Gennady Pugachevsky, von Orest Kryvoruchkko, Leonid Gorban, Ivan Panteliuk, dem erst kürzlich verstorbenen David Bekker, Vladimir Vishniak, Nikola Neimesh, Igor Filiptschenko, Georgy Sergeev, Borys Drobotyuk, Oleg Naboka, Konstantin Antioukhin, Ruslan Vigovsky, Sergej Udovichenko, Alexej Fedorenko, Oleg Dergachov, Sergey Hrapov, Sergiy Ivanov, Vitali Parastyuk, Roman Romanyshyn und Ulyana Turchenko. 

Exlibris-Kunst der Ukraine, hg. von Daniel Theveßen, Mönchengladbach 2022 (Schriften des Internationalen Exlibris-Zentrums Mönchengladbach, Bd. 13) 

(Henry Tauber)

Ruslan Agirba: PF 2003, C3/5/7
Alexej Fedorenko: Exlibris für Josef Burch, "Trumpeter", 2006, C3
Ruslan Vigovsky: Exlibris für Peter van der Weerdt, 2002, CGD

Exlibris-Arbeiten aus dem Schülerkreis von Adolf Hölzel

In der heimatkundlichen Vierteljahresschrift Amperland für die Landkreise und Großen Kreisstädte Dachau, Freising und Fürstenfeldbrück (2022, Heft 1) stellt Heinz Neumaier diesmal Exlibris-Arbeiten aus dem Schülerkreis von Adolf Hölzel vor.
Der in Mähren geborene österreichisch-deutsche Maler Adolf Hölzel (1853–1934) gilt insbesondere dank seiner Reduzierung der Formen als einer der Wegbereiter der Moderne. Hölzel war ein bedeutender Lehrer, der eine große Schar von Künstlerinnen und Künstlern (mehr als 110), u. a. in seiner privaten Malschule in Dachau unterrichtete. Zu seinen Schülern zählten neben vielen anderen Max Ackermann, Willi Baumeister, Adolf Fleischmann, Johannes Itten, Ida Kerkovius, Louis Moillet, Emil Nolde, Oskar Schlemmer und Hermann Stenner, die ihrerseits z. T. berühmte Künstler wurden.
In seinem Beitrag geht Heinz Neumaier näher auf Hölzel-Schüler ein, die Exlibris geschaffen haben und beleuchtet prägnant das jeweilige Leben und Werk sowie ihre hier interessierenden Bücherzeichen. Zu den in Frage kommenden KünstlerInnen zählten: Carl Moll, Emilie Mediz-Pelikan, Franz von Bayros, Emmi Walther, Oskar Graf, Martha Cunz, Karl Berger, Hans Müller-Dachau, Carl Olof Petersen, Rolf Winkler, Felix Albrecht Hirsch, gen. Harta (alle in der Dachauer Zeit) sowie Alfred Heinrich Pellegrini, Oskar Schlemmer und Willi Baumeister in Stuttgart, wo Hölzel in der Nachfolge von Leopold von Kalckreuth ab 1905 an der Akademie der Bildenden Künste lehrte. 
Dabei vermittelt der Autor manch bislang eher Unbekanntes aus Leben und Werk der Genannten, etwa dass es das berühmte Exlibris von Oskar Schlemmer, das dieser für sich und seine Frau Helena, geb. Tutein, genannt Tut, schuf, nicht nur in ca. 500 Abzügen in Schwarz gibt, sondern dass auch einige wenige davon in Blaugrün existieren.

Heinz Neumaier: Exlibris-Arbeiten aus dem Schülerkreis von Adolf Hölzel, in: Amperland, Jg. 58, 2022, Heft 1, S. 21–27.

(Henry Tauber) 

Amperland 2022-1 Neumaier – Exlibris der Schüler Adolf Hölzels 

https://www.zeitschrift-amperland.de/ueber_amperland.php

Emmi Walther: Exlibris für Erna Walther, 1904, Lithografie
Emilie Mediz-Pelikan: Exlibris für Frida aus dem Winckel, vor 1900, Lithografie
Oskar Schlemmer: Exlibris für Oskar und Tut Schlemmer, 1942, Linolschnitt

Heinz Decker: Sammler – Verfasser – Redakteur 1933–2021

Die jüngste Veröffentlichung von Klaus Rödel im Rahmen der Publikations-reihe des Frederikshavn Kunstmuseums ist dem im November 2021 verstorbenen DEG-Ehrenmitglied Heinz Decker gewidmet.

Das schöne Heft enthält u. a. biografische und bibliografische Angaben, die Laudatio anlässlich der Ernennung zum DEG-Ehrenmitglied, Texte von Klaus Rödel und James Keenan und eine kommentierte Auswahl von künstleri-schen Exlibris, die für Heinz Decker und Ulrike Ladnar geschaffen wurden – rundum eine eindrucksvolle Würdigung zur Erinnerung an den Verstorbenen.

Heinz Decker: Sammler – Verfasser – Redakteur – 1933-2021
hrsg. vom Frederikshavn Kunstmuseum im März 2022 unter der Redaktion von Klaus Rödel, mit Unterstützung von Henry Tauber, Klaus Thoms, James Keenan und Ulrike Ladnar
Exlibristen 671  
ISBN 978-87-7317-742-6

Claudia Berg: Exlibris für Heinz Decker, zu Robert Frost: Halten am Wald im Abendschnee, 2011, Radierung

Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius und die Universität Gießen

In einem Aufsatz für die Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins (MOHG) berichtet Lutz Trautmann M. A., Archivar an der Universität Gießen, von Emil Preetorius (1883–1973), der, bevor er eine künstlerische Laufbahn einschlug, wohl auf Wunsch seiner Familie – in München, Berlin und Gießen –, die Fächer Medizin, Physik, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft studierte und 1906 eine Dissertation über „Die eheliche Vormundschaft und das bürgerliche Gesetzbuch“ zur Promotion einreichte. Trotz darin enthaltener, für die damalige Zeit höchst bemerkenswerter Formulierungen wie: „Das geltende Eherecht entspricht der sozialen Stellung der heutigen Frau nicht. […] Man braucht weder die Vorherrschaft der Frau zu wünschen, noch die Abschaffung der Ehe zu verlangen und kann dennoch eintreten für die volle Gleichberechtigung von Mann und Weib. […] Nirgends […] ist die Gleichberechtigung notwendiger, unentbehrlicher als in […] der Ehe.“, wurde Preetorius 1907 zum Doktor beider Rechte promoviert. Höchst interessant die Angabe der fälligen Promotionsgebühren von 433 Mark, die, in Relation gesetzt zu dem damaligen Durchschnittsentgelt der Bevölkerung, zum Zeitpunkt der Niederschrift des Aufsatzes im Jahre 2020 einer Summe von umgerechnet ca. 18.560 EUR entsprach. Gleichwohl übte Preetorius den Beruf eines Juristen danach nicht aus.

Vielmehr entschied er sich für einen Lebensweg als Künstler. Seit 1907 zeichnete er für die Zeitschriften Jugend, Simplicissimus und Ulk, illustrierte Bücher und schuf: Exlibris. „Mit seinem Sinn für das Komisch-Groteske sowie biedermeierliche Romantik prägte Preetorius einen dynamischen Figurenstil, der vorwiegend Männer mit Frack, Zylinder oder fliegenden Haaren und Frauen sittsam mit Haube und Krinoline, in überzeichneten Posen präsentierte.“ (Trautmann) Schon 1909, dann nochmals 1925 erschienen entsprechende Monografien, 1982 eine von Hans Karl Stürz ausgesuchte und eingeleitete Auswahl von „Dreißig Exlibris“. Darüber hinaus arbeitete Preetorius neben vielem anderen als Werbegrafiker, international erfolgreicher Bühnenbildner, szenischer Leiter für die Bayreuther Festspiele (ab 1932) und Professor an der Hochschule für Bildende Kunst in München (ab 1928). Von 1953 bis 1968 präsidierte er der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1960 bis 1965 der Gesellschaft der Bibliophilen. Die Zahl seiner Exlibris betrug schließlich mindestens 98, bis auf ein Blatt alle entstanden als nach der Vorlage von Zeichnungen vervielfältigte Klischees (Strichätzungen).

Lutz Trautmann: Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius und die Universität Gießen, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins, Bd. 105, voraussichtlicher Erscheinungstermin 2022. 

(Henry Tauber)

Lutz Trautmann: Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius …  MOHG 

Für die Zustimmung der Vorabveröffentlichung bzw. der Speicherung/Zurverfügungstellung auf der DEG-Website danken wir Lutz Trautmann sowie Dr. Eva-Marie Felschow (MOHG). 

Exlibris-Entwurf für René Ibach-Preetorius, um 1920 (später realisiert als Exlibris René Preetorius) - Erteilung der urheberrechtlichen Nutzungsbefugnis durch Dr. Michael Buddeberg im Namen der Preetorius Stiftung, München

Drei Exlibris aus alter Zeit – in: Amperland

Drei Exlibris aus alter Zeit

In der heimatkundlichen Vierteljahresschrift Amperland für die Landkreise und Großen Kreisstädte Dachau, Freising und Fürstenfeldbrück (2021, Heft 2) stellt Heinz Neumaier drei Exlibris aus dem 17. und 18. Jahrhundert vor.

Zunächst einen Kupferstich von vermutlich 1628 für den 1565 in Mauterndorf bei Salzburg gebürtigen späteren Juristen und Politiker Wilhelm Jocher, der seit 1604 in den Diensten des bayerischen Herzogs und nachmaligen Kurfürsten Maximilian I. stand und, 1611 zum Geheimen Rat ernannt, als wichtigster Ratgeber des Herzogs die bayerische Reichs- und Außenpolitik begleitete. Jocher starb 1636 in München – als hochgeachteter Wohltäter Dachaus, der u. a. die Dachauer Bürgerspitalstiftung verfügte, die bedürftigen Bürgern der Stadt günstigen Wohnraum bereitstellt. Sein Exlibris zeigt u. a. das aufgrund seiner Verdienste um Mehrungen verbesserte Familienwappen.

Das zweite Exlibris ist ein Ex-Musicis-Blatt, gleichfalls aus dem 17. Jahrhundert, für die Familie Mandl, Schlossbesitzer zu Deutenhofen. Das Schloss hatte der damalige kurfürstliche Hofkammerrat Dr. Johann Mandl 1625 erworben. Mandl stammte gebürtig aus dem österreichischen Außenposten Günzburg, der erst 1806 bayerisch wurde. Sein Werdegang als Advokat, Fiskal am bayerischen Hof, Hofkammerrat, Archivar und Geheimsekretär führte ihn u. a. bis an den Kaiserhof nach Wien, wo er daran mitwirkte, dass der bayerische Herzog 1623 die Kurfürstenwürde erlangte. 1634 wurde Mandl in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Er starb 1666 in München, vier Jahre zuvor wegen festgestellten Amtsmissbrauchs und Unterschlagung seiner Ämter enthoben. Das Exlibris ist aus zwei Gründen besonders interessant. Zum einen ist es ein sogenanntes familiäres Universalexlibris, auf dem in das freie Feld unterhalb des Familienwappens der jeweilige Name des Familienmitglieds eingetragen werden konnte. Zum anderen weist es eine prachtvolle Rahmung auf, die mit schematisiert dargestellten, z. T. altertümlichen Musikinstrumenten ausgestattet ist, die aus der Zeit von der Renaissance bis zum Frühbarock stammen. In seinem Aufsatz liefert Heinz Neumaier, selbst ein beliebter Volksmusikant, eine erläuternde Ikonografie der Instrumente.

NN: Exlibris für Wilhelm Jocher, 1628, Kupferstich [Neudruck]

Und auch das dritte, wohl gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstandene Bücherzeichen wurde für einen bedeutenden Angehörigen des niederen bayerischen Adels geschaffen, den 1760 im Salzburgischen geborenen Karl Marie Ehrenbert Freiherr von Moll, der 1791 zum Direktor der erzstiftischen Hofkammer in Salzburg und später zum Leiter des Salz-, Münz- und Bergwesens ernannt wurde. Nach der Säkularisierung des Erzstifts wurde er Regierungspräsident des neuen Herzogtums Salzburg, trat 1804 in bayerische Dienste und wurde dort ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Denn Moll war nicht nur Jurist und Staatsmann, sondern auch ausgewiesener Naturwissenschaftler mit einer ca. 80.000 Bücher umfassenden Bibliothek und einer Sammlung von 5000 Mineralien-Proben, der mit Alexander von Humboldt und anderen großen Forschern der Zeit in Verbindung stand. Als er 1838, zuvor zwischen seinem Dachauer Sommersitz und Augsburg wechselnd, hoch geachtet und geehrt starb, war er Mitglied von 22 Akademien und weiteren gelehrten Gesellschaften. Sein Exlibris fand der Autor im virtuellen Kupferstichkabinett der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, darauf u. a. das Familienwappen und die Beschriftung „Moll Kam̅er Director“, durch die das Blatt dem „richtigen“ Moll zugeordnet werden kann.

Heinz Neumaier: Drei Exlibris aus alter Zeit. Beispiele für Dr. Wilhelm Jocher, Dr. Johann Madl und Karl Marie Ehrenbert von Moll, in: Amperland, Jg. 57, 2021, Heft 2, S. 44–48.  

(Beitragsbild: Johann Mandl, nach Joachim von Sandrart d. Ä. (1606-1688), Öl auf Leinwand

(Henry Tauber) 

Drei Exlibris aus alter Zeit – Amperland – Neumaier

https://www.zeitschrift-amperland.de/ueber_amperland.php

NN: Exlibris der Familie Mandl, 17. Jhdt., Holzschnitt

Im Zeichen des Zahns – Kurze Geschichte des Zahnarzt-Exlibris

Im Zeichen des Zahns
Kurze Geschichte des Zahnarzt-Exlibris

Laut Klappentext erzählt die jüngste Publikation von Claudio Stacchi mit dem Titel Im Zeichen des Zahns „die Geschichte der letzten 120 Jahre Zahnheilkunde mit den Augen von Künstlern aus der ganzen Welt“, die es sich „zur Aufgabe gemacht haben, das Wesen eines Berufs auf ihre eigene Art und Weise auf wenigen Quadratzentimetern zu interpretieren. Dieses Buch verbindet zwei normalerweise getrennte Welten, die der Zahnheilkunde und die der Exlibrissammler, eröffnet für beide anregende Wissensperspektiven und bietet neue interessante Ideen und kulturelle Bereicherung.“  

Nach einer Einleitung über die „Ursprünge des Exlibris“ stellt der Autor die „ikonografischen Motive im dentalen Exlibris“ vor: Santa Apollonia, die vermutlich um 249 als Märtyrerin starb, nachdem ihr u. a. die Zähne ausgeschlagen worden waren, und die bei Zahnschmerzen und Zahnleiden angerufen wird und auch Schutzpatronin der Zahnärzte ist; sodann Genre-szenen, zahnärztliche „Spezialitäten“ und verschiedene weitere Sujets.

Im zweiten Teil geht es um „Das Fantastische im Exlibris der Zahnärzte“. Unter den Oberbegriffen „Von figurativen und literarischen Archetypen zum Realen“, „Vom Märchen zum Mythos“, „Vom Patienten zum Handwerkszeug“, „Vom Eros zum Heiligen“, „Vom Traum zum Leben“ und „Von Rache zu Vergebung“ präsentiert Giuseppe Cauti Bücherzeichen, die u. a. auf Ideen, „Initiationsbeschwörungen“ usw. von D´Annunzio und Cervantes, Čechov und Tolkien, Kafka und Eco und vielen anderen prominenten Geistern beruhen. 

Mathilde Ade: Exlibris für C. Pfaff, [1921], Zinkografie

Ein Kapitel über die beiden französischen Zahnärzte Jean Morisot und Michel Jamar, die sich auch als Exlibris-Künstler betätigten, sowie, in einem ergänzenden Beitrag von Luigi Bergomi, die Vorstellung bekannter Förderer des Zahnarzt-Exlibris: Joan Catasús i Torralbas, Stefano Galli, Sigmund Leicht, Axel Leier, Wout Meulemans, Norbert Nechwatal (früherer DEG-Präsident) und Claudio Stacchi runden das Gesamtbild ab.

Im Zeichen des Zahns enthält auf 75 Seiten insgesamt 170 Abbildungen mit Exlibris von 135 Künstlern aus 25 Ländern für 110 Eigner. Obwohl durchgängig in italienischer Sprache verfasst, dürfte es zum einschlägigen Standardwerk werden.

Claudio Stacchi: Nel segno del dente. Breve storia dell´ex libris odontoiatrico, mit einem Vorwort von Roberto Di Lenarda und Beiträgen von Giuseppe Cauti und Luigi Bergomi, Mailand 2021, 75 S., 170 Abb., Hardcover, ISBN 978-88-214-5488-2, 49 € 

(Henry Tauber) 

Bertil Schmüll: Exlibris für Ron Quapp, o. J., Radierung