Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius und die Universität Gießen

In einem Aufsatz für die Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins (MOHG) berichtet Lutz Trautmann M. A., Archivar an der Universität Gießen, von Emil Preetorius (1883–1973), der, bevor er eine künstlerische Laufbahn einschlug, wohl auf Wunsch seiner Familie – in München, Berlin und Gießen –, die Fächer Medizin, Physik, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft studierte und 1906 eine Dissertation über „Die eheliche Vormundschaft und das bürgerliche Gesetzbuch“ zur Promotion einreichte. Trotz darin enthaltener, für die damalige Zeit höchst bemerkenswerter Formulierungen wie: „Das geltende Eherecht entspricht der sozialen Stellung der heutigen Frau nicht. […] Man braucht weder die Vorherrschaft der Frau zu wünschen, noch die Abschaffung der Ehe zu verlangen und kann dennoch eintreten für die volle Gleichberechtigung von Mann und Weib. […] Nirgends […] ist die Gleichberechtigung notwendiger, unentbehrlicher als in […] der Ehe.“, wurde Preetorius 1907 zum Doktor beider Rechte promoviert. Höchst interessant die Angabe der fälligen Promotionsgebühren von 433 Mark, die, in Relation gesetzt zu dem damaligen Durchschnittsentgelt der Bevölkerung, zum Zeitpunkt der Niederschrift des Aufsatzes im Jahre 2020 einer Summe von umgerechnet ca. 18.560 EUR entsprach. Gleichwohl übte Preetorius den Beruf eines Juristen danach nicht aus.

Vielmehr entschied er sich für einen Lebensweg als Künstler. Seit 1907 zeichnete er für die Zeitschriften Jugend, Simplicissimus und Ulk, illustrierte Bücher und schuf: Exlibris. „Mit seinem Sinn für das Komisch-Groteske sowie biedermeierliche Romantik prägte Preetorius einen dynamischen Figurenstil, der vorwiegend Männer mit Frack, Zylinder oder fliegenden Haaren und Frauen sittsam mit Haube und Krinoline, in überzeichneten Posen präsentierte.“ (Trautmann) Schon 1909, dann nochmals 1925 erschienen entsprechende Monografien, 1982 eine von Hans Karl Stürz ausgesuchte und eingeleitete Auswahl von „Dreißig Exlibris“. Darüber hinaus arbeitete Preetorius neben vielem anderen als Werbegrafiker, international erfolgreicher Bühnenbildner, szenischer Leiter für die Bayreuther Festspiele (ab 1932) und Professor an der Hochschule für Bildende Kunst in München (ab 1928). Von 1953 bis 1968 präsidierte er der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1960 bis 1965 der Gesellschaft der Bibliophilen. Die Zahl seiner Exlibris betrug schließlich mindestens 98, bis auf ein Blatt alle entstanden als nach der Vorlage von Zeichnungen vervielfältigte Klischees (Strichätzungen).

Lutz Trautmann: Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius und die Universität Gießen, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins, Bd. 105, voraussichtlicher Erscheinungstermin 2022. 

(Henry Tauber)

Lutz Trautmann: Vom Recht zur Kunst. Emil Preetorius …  MOHG 

Für die Zustimmung der Vorabveröffentlichung bzw. der Speicherung/Zurverfügungstellung auf der DEG-Website danken wir Lutz Trautmann sowie Dr. Eva-Marie Felschow (MOHG). 

Exlibris-Entwurf für René Ibach-Preetorius, um 1920 (später realisiert als Exlibris René Preetorius) – Erteilung der urheberrechtlichen Nutzungsbefugnis durch Dr. Michael Buddeberg im Namen der Preetorius Stiftung, München

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