DEG-Jahrbuch 2021

Das neue Jahrbuch bietet einen bunten Strauß von Themen, eine Fülle an Informationen und Abbildungen. Zehn Autoren und Autorinnen haben sich mit je einem speziellen Thema auseinandergesetzt. Ulrike Ladnar vergleicht in ihrem Vorwort ein Exlibris mit einem gleichschenkligen Dreieck. Eine Ecke steht für den Eigner, die zweite für den Künstler und die dritte repräsentiert den Inhalt. Zu allen drei Aspekten sind in diesem Jahrbuch Beiträge zusammengekommen.

Karsten Weber beginnt mit dem Vorstellen von Weltbildern im Kleinformat. Er stellt Bilder und Ansichten vor, welche die Menschen sich von der Welt, in der sie leben, machen. Unsere Weltanschauungen, die verändert und angepasst werden, wenn es darum geht, Unbekanntes wissenschaftlich oder kulturell zu erforschen und zu erklären. Die Astronomie, die Mathematik, die Literatur, die Musik, oder gar Darwins Evolutionstheorie, alle diese Themen sind auch im Exlibris zu entdecken.

Der Theologe Hans Joachim Genge befasst sich mit Marienbildern. Anhand der bekannten Bibelstellen erläutert er die verschiedenen Mariendarstellungen. Wenn die Maria mit dem Kleinkind Jesus, die Schutzmantelmadonna oder die Pietà abgebildet werden, fällt dem Betrachter auf, dass auch im Exlibris die Darstellungen stark von frühchristlichen und byzantinischen Vorbildern beeinflusst sind (Abb. 1).

Abb. 1: Rolf Fleischmann: Exlibris für Dr. Inge Nechwatal, 2005, Kupferstich

Dem Traum vom Fliegen geht Siegfried Bresler auf den Grund. Beginnend bei Dädalus und Ikarus führt der Autor von Leonardo da Vincis Fluggerät von 1480 zu den Ballonflügen der Brüder Montgolfier wie auch zum Zeppelin. Parallel zur Ballonfahrt forschte Otto Lilienthal über Fluggeräte mit Flügeln. Schließlich bauten die Gebrüder Wright Gleitflugzeuge mit Motoren. Der Traum vom Fliegen wurde wahr, bis er im Ersten Weltkrieg zum Alptraum wurde. Dafür steht ein Exlibris mit einem berühmten Kampfpiloten dieses Krieges, dem „Roten Baron“. Mit dem Traum eines weiteren Piloten endet der Bericht, Saint-Exupérys Geschichte vom Kleinen Prinzen.

Die Geschichte des Weins bringt uns Anke Polenz in ihrem Beitrag: Von der Traube ins Fass – in die Flasche – ins Glas näher. Ausführlich beschreibt sie den Weg der Trauben vom Anbau, über die Ernte, zur Gärung in Fass oder Tank, bis zur Abfüllung in Flaschen. Auch das Servieren im passenden Glas wird berücksichtigt, illustriert mit entsprechenden Exlibris. Eine Lektüre, die zum Mitgenießen einlädt.

Klaus Thoms befasst sich mit Monstern und anderen Fabelwesen. Teufel und Hexen zum Beispiel dienten den Menschen als „Sündenböcke“, als Schuldige für Unerklärliches, für Unglück und Unheil. Aber es gibt noch ganz andere Fabelwesen. Der Autor schreibt von Mensch-Tierwesen wie Nixen, Sirenen, Zentauren und dem Minotaurus. Auch reine Tierwesen wie Drache, Hydra und Phönix kommen vor. Selbst Monster wie der Golem, Dr. Caligari und Graf Dracula (Abb. 2) geben sich die Ehre. Bei der Darstellung von Fabelwesen ist die Fantasie der Künstler geweckt, die Auswahl der Exlibris dazu ist vielfältig. 

Heinz Neumaier begibt sich bei seinen Überlegungen zur Sprache und Literatur in Bayern vor allem auf die Spur der Eigner. Er stellt etliche mehr oder weniger bekannte Schriftsteller und Schriftstellerinnen mit Bezug zu Bayern, und ihre Exlibris, vor. Er beginnt bei Jean Paul und endet bei Norbert Göttler. Manche der Kurzbiografien weisen auf beschwerliche Lebensläufe in schwierigen Zeiten hin.

Abb. 2: Paolo Rovegno: Exlibris für Giuliani Carlo, 1997, Aquatintaradierung

Auch Heinz Decker widmet sich den Eignern. Er stellt Sammlerbiografien im Spiegel ihrer Exlibris vor. Dabei befasst er sich mit Franz Adler (1908–1983) und Marco Birnholz (1885–1965). Die Lebensläufe der beiden jüdischen Sammler aus Wien weisen große Parallelen auf. So mussten beide 1938 Österreich fluchtartig verlassen. Beide emigrierten in die USA. Birnholz, der früher Geborene, nahm schon am Ersten Weltkrieg teil und geriet in sibirische Gefangenschaft. Heinz Decker findet und beschreibt aus dem Sammelgut beider Eigner Exlibris mit Hinweisen auf einschneidende, prägende Lebenserfahrungen.

Ursula Müksch bringt uns die zwölf Grafikerinnen aus dem Radierklub Wiener Künstlerinnen, die auch Exlibris hergestellt haben, näher (Abb. 3). Es handelt sich um eine Momentaufnah­me, da immer noch unbekannte Arbeiten dieser Künstlerinnen entdeckt werden können. Der Radierklub Wiener Künstlerinnen wurde 1903 gegründet. Bis 1918 sind seine Aktivitäten nachweisbar.

Gerhard Lutz stellt die Werke seines Großvaters Adolf Kunst vor. Dabei weist er nicht nur auf die über 400 Exlibris hin, die der Künstler in verschiedenen Techniken realisiert hat. Er zeigt auf, wie viel mehr Adolf Kunst geschaffen hat. Auch als Maler von Aquarellen, Ölbildern, als Holzschneider und Lithograf war dieser kreative Schöpfer erfolgreich. Seine Motive fand der gelernte Architekt in der Natur wie auch in der Architektur.

Klaus Rödel erinnert an den Künstler Herbert Stefan Ott, über den er eine kleine Publikation erstellt hatte. Eine weitere, umfangreichere war geplant, konnte aber infolge des Todes von Herbert Ott nicht mehr realisiert werden. Aus diesem Projekt stammen die Originalbeilagen von Herbert Ott. Für eine weitere Beilage, den Nachdruck eines Exlibris von Adolf Kunst, hat sein Enkel die Druckplatte zur Verfügung gestellt. Drei weitere Originale von polnischen Künstlerinnen vervollständigen dieses interessante Jahrbuch.

(Alice Aeberhard)

Abb. 3: Ella Iranyi: Exlibris für Marianne Steinberger. vor 1908, Holzschnitt

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