Zum Tod von Birgit Göbel-Stiegler M. A.

Sie war eine der prägenden Persönlichkeiten der deutschen Exlibris-Bewegung der letzten Jahrzehnte. Dank ihrer besonderen Gabe der Empathie, ihrer verbindlichen Art und ihrer Integrität genoss sie hohes Ansehen in allen einschlägigen Exlibristen-Kreisen. Im Alter von 75 Jahren ist Birgit-Göbel-Stiegler in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 2020 in Berlin ihrem schweren Krebsleiden erlegen.

Birgit hatte in München ein Studium der Germanistik und Psychologie absolviert, das sie mit dem Magister Artium abschloss; beruflich etablierte sie sich als Literaturwissenschaftlerin. Sie war Verlagslektorin, Literaturkritikerin und Journalistin, v. a. Kultur- und Reisejournalistin. In erster Ehe mit dem Verleger Wolfram Göbel verheiratet, war ihr zweiter Ehemann, seit 2003, der Rechtsanwalt und frühere Politiker Ludwig Stiegler. Birgit liebte ihre große Familie, ihren Mann, die Kinder, die Enkelkinder; und sie liebte auch ihre andere Familie, die FreundInnnen des Exlibris, insbesondere die Mitglieder der DEG.

Der DEG trat sie 1989 bei, 1996 wurde sie zur Leiterin der DEG-Geschäftsstelle gewählt, ein Amt, das sie 18 Jahre lang, bis 2014, ausübte und dessen einflussreiche Möglichkeiten sie eindrucksvoll nutzte – im beinahe täglichen Briefwechsel und Email-Verkehr mit den Mitgliedern in aller Welt oder bei der mit besonderen Eintrittsgeschenken verbundenen Begrüßung neuer Mitglieder oder der Hilfestellung und Lösung zunehmender Probleme bei der Visa-Beschaffung für DEG-Gäste aus dem fernen Ausland.

Mit Herzblut engagierte sie sich immer wieder als Kontaktvermittlerin zwischen KünstlerInnen, AuftraggeberInnen und SammlerInnen, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Vielen jungen KünstlerInnen verhalf sie zu ihren ersten Aufträgen, viele SammlerInnen machte sie auf neue Talente aufmerksam. Und auch sie selbst verstand sich als Mäzenin im Kleinen. Die Zahl der auf ihren eigenen Namen entstandenen Bücherzeichen liegt bei über 200. 

Ihren persönlichen Neigungen entsprechend gab sie den KünstlerInnen, denen sie Aufträge erteilte, häufig Themen zur Literatur, zu Reisen und Transportmitteln vor, ließ ihnen in der Gestaltung aber meistens freie Hand. Auf diese Weise entstanden viele qualitätvolle und schöne Arbeiten, die durch das Tauschgeschehen und durch Veröffentlichungen weithin bekannt und beliebt geworden sind.

Sie stellte Gebrauchsgrafiken, die für sie selbst, aber auch für andere entstanden sind, in Beiträgen für das DEG-Jahrbuch vor, z. B. „Transport-mittel auf Exlibris und kleinformatiger Gebrauchsgrafik“ oder „Der Kuss – ein Transportmittel der Gefühle. Komik in Transportmitteln auf Exlibris“.

Darüber hinaus begründete und redigierte sie das DEG-Künstler-Lexikon und betreute 2010/11 den Internationalen DEG-Wettbewerb „Das buchgerechte Exlibris“, präsentierte die dazugehörige Ausstellung und gab den gleichnamigen Katalog heraus.

Schließlich organisierte sie die große Jubiläumstagung zum 125-jährigen Bestehen der Deutschen Exlibris-Gesellschaft 2016 in Weiden in der Oberpfalz, das mit rund 250 TeilnehmerInnen größte Treffen, das die DEG bis dahin durchgeführt hatte.

Auf der DEG-Jahrestagung 2019 in Wetzlar erhielt sie als Würdigung ihrer zahlreichen Verdienste um das Exlibris die Walter-von-Zur-Westen-Medaille.

Was Birgit für das Exlibris und die FreundInnen des Exlibris getan hat, tat sie mit großer Herzlichkeit, großmütig, großzügig, stets hilfsbereit. Für all das sind wir ihr zu großem Dank verpflichtet, wir werden sie schmerzlich vermissen.

Durch die Erinnerung an ihr Wirken und in ihren weit verbreiteten Exlibris wird sie jedoch unvergessen bleiben.

R. I. P.

(Henry Tauber)

Andreas Raub: In Memoriam, 2020
Eva Bruszis: Exlibris, 2008
Nurgül Arikan: das vermutlich letzte Exlibris für Birgit, 2020
Erhard Beitz und Tadeusz Szumarski: Exlibris, „Der Brief der Ratte. Schreiberling – Schneckenpost – Leseratte“, 1997

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