EL des Monats Oktober 2020 – Lembit Löhmus: Wiedehopf

Exlibris des Monats Oktober 2020
Lembit Löhmus für Tomas Ostermann, Wiedehopf, 2019, C2, 60 x 60 mm

Die Jury des DEG-Wettbewerbs für Exlibris und Gelegenheitsgrafik 2020 hat Lembit Löhmus zum Sieger gewählt und würdigt mit dem 1947 geborenen Esten einen der herausragenden zeitgenössischen Exlibriskünstler. Im Wettbewerb, in dem nur Arbeiten aus den Jahren 2019 und 2020 zugelassen waren, war Löhmus mit zwei brillanten Kupferstichen vertreten: Leda mit dem Schwan für Klaus Rödel und dem hier gezeigten Wiedehopf für Tomas Ostermann.
Der knapp 30 cm große, dank seines aufrichtbaren Federkamms, dem langen, gebogenen Schnabel und dem hell-dunkel gestreiften Gefieder besonders auffällige Vogel ist in der Alten Welt recht verbreitet, sein Bestand insgesamt wohl gesichert, wenngleich er in einigen Ländern Mitteleuropas auf den Roten Listen steht oder sogar ausgerottet ist – weit bekannt und dennoch von vielen niemals in der Natur selbst beobachtet.
Der Eigner des Löhmus-Blattes, Tomas Ostermann, sah bei seinem ersten Aufenthalt 1993 in Portugal „diesen lustigen Vogel“, der „keine besondere Scheu zeigte“, in unmittelbarer Nähe seiner Unterkunft. Auch „an der örtlichen Mülldeponie“ traf er ihn an. Der Sammler denkt, dass „jeder, der einen Wiedehopf sieht, von diesem Vogel begeistert ist.“
Obwohl er zu biblischen Zeiten als „unreines“ Tier galt, dessen Verzehr verboten war, benutzte König Salomo ihn als Boten zwischen sich und der Königin von Saba und bat ihn um Unterstützung beim Bau des Ersten Tempels in Jerusalem. Ovid ließ in seinen Metamorphosen den Thrakerkönig Tereus sich in einen Wiedehopf verwandeln. 1976 war der Wiedehopf in Deutschland Vogel des Jahres. 2008 wurde er zum Nationalvogel Israels erkoren.
In der Heraldik taucht(e) er als Gemeine Figur auf, in Seitenansicht mit der Hauptblickrichtung nach heraldisch rechts – ganz so wie auf dem Exlibris von Löhmus.

Auf die Kupferstichmanier des Meisters dieser extrem aufwendigen Tiefdrucktechnik treffen alle möglichen Synonyme von Präzision zu: Klarheit und Schärfe, Prägnanz und Akribie, Strenge und Genauigkeit, Akkuratesse und Feinheit, geradezu exemplarisch verwirklicht in seinem Wiedehopf-Exlibris. Löhmus hat mehr als 500 Grafiken geschaffen, darunter eine Vielzahl von Exlibris für Sammler aus rund 30 Staaten, als Kupferstiche, aber auch als ebenso beeindruckende Holzstiche und Stahlstiche, in vielen internationalen Ausstellungen gezeigt und mit zahlreichen Auszeichnungen versehen.

Kein Wunder, dass er auch als Gestalter von Briefmarken hervorgetreten ist. Für sechs Staaten: die Sowjetunion, Kasachstan, Schweden, Lettland, Litauen und nicht zuletzt Estland hat er mehr als 200 Briefmarken kreiert, und erhielt auch für diese eine ganze Reihe von Preisen.
Seine „populärste“ und am meisten verbreitete Arbeit ist jedoch zweifellos der Entwurf der nationalen Seite der estnischen Euro-Münzen, der, für alle Stückelungen identisch, die geografische Abbildung Estlands zeigt!

Henry Tauber 

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